Angemessenheit von Wohnungsgrößen bei Hilfeempfängern

Anfrage der Fraktion zur Sitzung des Sozialausschusses am 25. September 2012

„Umsetzung des SGB-Urteils zur Angemessenheit von Wohnungsgrößen im Kreis Siegen-Wittgenstein bei SGB II und SGB XII-Empfängern“

 

Sehr geehrter Herr Landrat Breuer,

die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen bittet um Beantwortung dieser Anfrage zur Sitzung des Sozialausschusses am 25.09.2012.

Vorbemerkung

„Das Bundessozialgericht hat mit seiner Entscheidung vom 16. Mai 2012 (B 4 AS 109/11 R) festgestellt, dass gemäß ständiger Rechtsprechung für die Bemessung der Angemessenheit der Unterkunftskosten auf die in Nr. 8.2 der Wohnraumnutzungsbestimmungen des Landes Nordrhein-Westfalen festgesetzten Werte zurückzugreifen ist. Es hat weiter klargestellt, dass es sich hierbei nicht um eine „neue“ Rechtsprechung handelt. Vielmehr sei der Sachverhalt klar erkennbar und mit der Entscheidung sei lediglich die durch Urteil vom 22.09.2009 (B 4 AS 70/08 R) gesetzte Rechtsprechung bestätigt worden.“

(Auszug aus dem offenen Brief vom MieterInnenverein Witten u. Umg. e.V.).

 

Hieraus folgt, dass die Träger der Grundsicherung eine entsprechende Erhöhung der angemessenen Unterkunftskosten vornehmen müssen. Diese sind anzupassen an die Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB)                                                      

 „Angemessen“ im Sinne des § 18 Absatz 2 sind in der Regel folgende Wohnungsgrößen:

a)   für eine allein stehende Person:
      50 qm Wohnfläche;

b)   für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen:
      2 Wohnräume oder 65 qm Wohnfläche.

 

Für jede weitere haushaltsangehörige Person erhöht sich die Wohnfläche um einen Raum oder 15 qm Wohnfläche. Die angegebene Zahl der Wohnräume ist zuzüglich Arbeitsküche (bis zu 15 qm) und Nebenräume zu verstehen. Als geringfügig kann in der Regel eine Überschreitung der angemessenen Wohnungsgröße um bis zu 5 qm Wohnfläche angesehen werden.

Ein zusätzlicher Raum oder eine zusätzliche Wohnfläche von 15 qm ist wegen besonderer persönlicher oder beruflicher Bedürfnisse einer haushaltsangehörigen Person oder eines nach der Lebenserfahrung in absehbarer Zeit zu erwartenden zusätzlichen Raumbedarfs zuzubilligen: z.B. jungen Ehepaaren (§ 29 Nummer 7) und eingetragenen Lebenspartnerschaften (vgl. § 15 Absatz 3 Nummer 5), Blinden, rollstuhlfahrenden Schwerbehinderten, Alleinerziehenden mit einem oder mehreren Kindern, wenn innerhalb der Gültigkeitsdauer des WBS das 6. Lebensjahr mindestens eines der Kinder vollendet wird, ferner Eltern für den besuchsweisen Aufenthalt von einem oder mehreren außerhalb des Haushalt lebenden nicht volljährigen Kindern.

Wie der folgenden Aufstellung zu entnehmen ist, gelten zur Zeit noch in einigen Gemeinden des Kreises geringere m²-Größen für Wohnungen.

(Aus: Bearbeitungsrichtlinien des Kreises Siegen-Wittgenstein zur Gewährung angemessener Unterkunfts- und Heizkosten im Rahmen der Leistungsgewährung nach SGB II und SGB XII)

 

Kaltmieten im Kreis Siegen-Wittgenstein

 

Ort

Wohnungsgröße maximal/m²

Kaltmiete/m²

Obergrenze

1 Person

2 Personen

3, 4, 5, ... Personen

 

 

 

 

 

Bad Berleburg Ort

Berghausen

Raumland

Wemlinghausen

Aue-Wingeshsn.

andere Ortsteile

47

62

77, 92, 107, ...

4,50 €

4,50 €

4,50 €

4,50 €

4,50 €

4,00 €

Bad Laasphe

Niederlaasphe

Banfe

Feudingen

andere Ortsteile

47

62

77, 92, 107, ...

4,50 €

4,50 €

4,50 €

4,50 €

4,00 €

Burbach

47 - 53

62

77, 92, 107, …

4,00 €

Erndtebrück

47

62

77, 92, 107, …

4,50 €

Freudenberg

47

62

77, 92, 107, …

5,00 €

Hilchenbach

47

62

77, 92, 107 …

5,00 €

Kreuztal

47

62

77, 92, 107, …

5,00 €

Netphen

 

47

62

77, 92, 107, …

5,00 €

4,70 €

Neunkirchen

47

62

77, 92, 107, …

4,00 €

Siegen

47 - 53

62 - 67

77, 92, 107, …

5,00 €

Wilnsdorf

47 - 53

62

77, 92, 107, …

5,00 €

 

Nebenkosten im Kreis Siegen-Wittgenstein

In der Regel können monatlich maximal 1,40 € Nebenkosten pro m² übernommen werden.   

Heizkosten im Kreis Siegen-Wittgenstein:

Die Heizkosten hängen von der Gebäudefläche und von der Heizart ab und orientieren sich am bundesweiten Heizspiegel. So können monatlich zwischen 1,24 € und 1,80 € Heizkosten pro m² übernommen werden.

Vor diesem Hintergrund stellen wir folgende Anfrage:

  1. Wie erfolgt die Umsetzung des oben zitierten Urteils für SGB II und SGB XII-Empfänger im Kreis Siegen-Wittgenstein?
    Wird die Berechnung „automatisch“ erfolgen oder werden alle SGB II und SGB XII-Empfänger angeschrieben?
  1. Wie erfolgt die praktische Umsetzung der Ansprüche?
    Sofern Mieter bisher Zuzahlungen leisten mussten, stehen ihnen rückwirkend ab dem 1. Januar 2011 die fehlenden Beträge zu?
  1. Nebenkosten (kalte Nebenkosten und Heizkosten) werden nach den m² anerkannt. Bei zu großem Wohnraum werden sowohl die Kaltmiete als auch die Neben- und Heizkosten nicht komplett berücksichtigt, so dass eine rückwirkende Anerkennung und Erstattung der zu wenig gezahlten Unterkunfts- und Heizkosten an die Betroffenen erfolgen muss.
    Erfolgt hier auch eine Anpassung?
  1. Durch das BSG-Urteil ergeben sich neben der Anerkennung der Wohnungsgrößen auch Ansprüche zu:
  • Umzugskosten (Gutschein für einen Umzugswagen),
  • Renovierbeihilfe (2 € pro m²) und
  • die darlehensweise Übernahme einer Kaution.

Sofern der Umzug in eine zu große Wohnung erfolgt ist, wurden diese Kosten nicht übernommen. Sollte die Wohnung durch den BSG-Entscheid die Kriterien der Angemessenheit erfüllen, müssten auch o.g. Beihilfen und Darlehen dann rückwirkend gezahlt werden?

zurück