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Begründung der Anträge der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
zum TOP "Einsparungen im Kreishaushalt 2011"
Kreistagssitzung am 08.04.11
Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geborgt, das stand Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts auf unseren Plakaten. An dieser schlichte Wahrheit hat sich auch 30 Jahre später nichts geändert. Das gilt für alle Bereiche des Lebens einschließlich des Finanzbereiches.
Hier teilen wir auch den Ansatz im Kreishaushalt zu sparen. Lassen Sie mich jedoch einen kleinen zeitlichen Schritt zurückgehen, nicht ins letzten Jahrtausend, sondern nur in den Dezember 2010. Da wurde von der Mehrheit des Kreistages ein Haushalt verabschiedet, der ein paar Geburtsfehler hatte.
Zum einen war die Umlage für den Landschaftsverband zu hoch angesetzt, bereits Anfang Dezember gab es Signale, dass sie geringer ausfallen würde als angesetzt. Zum anderen wurde der von der Mehrheit verabschiedete Haushalt mit der
Auflage versehen, im bestehenden Haushalt zu kürzen. Ich finde das unlogisch. Entweder ein Haushalt ist seriös aufgestellt, dann gibt es da nichts, was gekürzt werden könnte – oder er enthält „Luftnummern“ - in der Verwaltungssprache „Spielraum“ genannt – oder es sollen, wie hier und heute vorgelegt Zuschüsse gekürzt und damit das Problem der Einsparung auf Dritte verlagert werden.
Vieles, was in der Anlage 1 erfasst ist, sind nichts weiter als veränderte Annahmen, ob es tatsächliche Einsparungen sind, zeigt sich am Ende des Haushaltsjahres, lassen Sie mich zwei willkürliche Beispiele nennen:
Schwerpunktsetzung auf die Vermittlung von Mitgliedern großer Bedarfsgemeinschaften mit hohen kdU-Leistungen - € 40 000,--. Dies soll durch Prozessoptimierung erreicht werden. Sie gestatten mir ein Schmunzeln. Im Klartext heißt dass, Sie wollen durch veränderte Abläufe mehr Menschen mit großen Familien in Lohn und Brot bringen, und zwar in soviel Lohn und Brot, dass sie in der Lage sind, die Miete und Nebenkosten selbst zu tragen. Das ist gut, nur dachte ich bislang, dass sei bereits die Aufgabe – und es erstaunt mich, dass sie hier ein Einsparpotential von € 40 000,-- sehen.
Hilfe bei Pflegebedürftigkeit € 35 000,-- wollen sie hier einsparen, durch Änderung der Planungsansätze. Das macht mich stutzig, der demografische Wandel dürfte sich innerhalb eines Vierteljahres nicht dramatisch verändert haben. D. h. entweder war der Ansatz im Dezember zu hoch – oder heute ist er zu niedrig. Eine 3. Variante wäre, sie schieben die Hilfsbedürftigen aufs Wartegleis, machen keine Zusagen, sondern fordern Nachweise über Nachweise...... auch so kann die Summe der Ausgaben in einem Haushaltsjahr gemindert werden.
Über die veränderten Zuschüsse bei den Kosten für die Unterkunft nach § 22 SGB II, die sie mit 23 % im Haushalt eingestellt hatten, jetzt in ihrer Liste mit 24,5 geführt werden, werden wir bis zum 17.06.11 noch an anderer Stelle reden müssen. Tatsächlich aber nach dem Ergebnis im Vermittlungsausschusses um 11,3 % erhöht werden. Das ist ein Batzen, der den Kreishaushalt tatsächlich verändert und der zu einer Senkung des Hebesatzes führen muss.
Abzustimmen haben wir heute lediglich über die in der Anlage 2 aufgeführten Einsparungen.
Das ist ein Stück weit eine Diskussion im „luftleeren Raum“. Die Verwaltung hat eine Einsparliste vorgelegt. Auf welcher Grundlagen wurden diese Einsparungen ausgewählt? Hat der Landrat, die Dezernentin und Dezernenten sich Gedanken gemacht, wo denn der Rotstift angesetzt werden kann? Gab es Kriterien für die Vorschläge? Kennt die Mehrheit den Umfang der gesamten „vertraglich gebundenen freiwilligen Leistungen“? Meine Fraktion kennt sie nicht. Solange ich den Umfang der tatsächlichen „vertraglich gebundenen freiwilligen Leistungen“ nicht kenne, fehlt mir eine realistische Entscheidungsgrundlage.
In dieser Liste sind Kürzungen enthalten, zu denen wir Ihnen Anträge vorgelegt mit der dringenden Bitte diese Kürzungen zurückzunehmen:
Zuerst sind hier die beabsichtigten Kürzungen der Zuschüsse an Vereine und Verbände zu nennen, die ein Gesamtvolumen von € 19 455,-- ausmachen. Dies lässt sich kaum in Prozentpunkte Kreisumlage ausdrücken. Wenn dies allerdings so mehrheitlich verabschiedet wird, würde damit ein falsches Signal gesetzt.
Wir sind in Siegen-Wittgenstein stolz auf die ehrenamtliche Arbeit, die in Vereinen und Verbänden geleistet wird. Diese Arbeit trägt mit dazu bei, eine Gesellschaft zu gestalten, sie lebens- und liebenswert zu machen.
„Menschen sind unser Kapital“ sagt der Landrat. Einen Satz, den wir schon immer für missverständlich gehalten haben. Wenn ich diesen Satz aufnehme und sie es denn sind, sollte der Zinssatz für dieses Kapital nicht gekürzt werden. Sonst überlegen sich die Menschen, die diese Arbeit leisten vielleicht, ob sie das weiter in diesem Umfang tun wollen.
Wenn der Kreis all das auffangen sollte, was Vereine und Verbände leisten, dann wäre es mit € 19 455,-- lange nicht getan.
Das gleiche gilt für den Jugendamtsbereich. In der Debatte um das Defizit im Jugendamtsbereich, sie erinnern sich vielleicht vage, wurde von Seiten der Verwaltung immer wieder die besondere Rolle des Jugendhilfeausschusses betont. Ich hoffe, sie sieht dies hier und heute genau so. Denn der JHA hat in seiner Sitzung am 09.03.11 die beabsichtigten Kürzungen zurückgewiesen. Es kann auch nicht angehen, dass am 10.09.2010 der Kinder- und Jugendförderplan für vier Jahre einstimmig verabschiedet wird und ganze sieben Monate wird die finanzielle Grundlage der Planungen gekürzt. Wir erwarten, dass der besonderen Rolle des JHA Rechnung getragen wird und das Votum vom 09.03.11 hier und heute bestätigt wird.
Wir reden hier über eine Summe im Sozial- und Jugendbereich die lediglich 5 % dessen ausmachen, was die überwiegende Mehrheit hier zusätzlich bereit ist für den Straßenbau auszugeben. Im Sozial- und Jugendbereich haben wir aber mehr als einen harten Winter. Zusätzliche Frostperioden der sozialen Kälte werden mit diesem Sparprogramm ausgelöst. Daher mein Appell: lassen Sie die soziale Sonne scheinen und verzichten Sie auf diese Kürzungen.
Verbraucherberatung: Hier steht eine Kürzung von € 7 869,30 zur Debatte.
Es geht aber nicht alleine um diese € 7869,30, sondern um die Finanzierung der Verbraucherberatung insgesamt, denn sie wird von Land- Stadt und Kreis anteilig in der Verteilung von 50:25:25 getragen, d. h. wenn der Kreis hier kürzt, zieht das Änderungen bei Stadt und Land nach sich und gefährdet die Verbraucherberatung in ihrem Bestand.
Ich habe die DS 78/2011 1. Ergänzung gelesen, mit einem milden Lächeln. Zwischen den Zeilen teilen sie den Inhalt unseres Antrages, wenn sie schreiben: ... Es ist daher aus Sicht der Verwaltung unumgänglich, den jetzt mit dem Ziel der Neuverhandlung vorsorglich gekündigten Vertrag mit der Verbraucherzentrale in den genannten Punkten anzupassen“. Aber soweit, dass sie einem Antrag von Bündnis 90/DIE GRÜNEN zustimmen, wenn sie den Inhalt teilen, soweit sind wir im Kreis Siegen-Wittgenstein dann doch noch nicht. Ich weiß auch nicht, ob ich alt genug werde, es noch erleben zu dürfen. Ich kann einstweilen damit leben, dass sie den Inhalt des Antrages teilen und die Mittel für die Verbraucherberatung nicht kürzen.
Tierschutzverein: Wir haben sicherlich Übereinstimmung darüber, dass auch hier viele, gute ehrenamtliche Arbeit geleistet wird. Eine Kürzung der Mittel halten wir auch in diesem Bereich für das falsche Signal. Auch hier finden wir uns auf einem – vielleicht gemeinsamen – Weg. In der 1. Ergänzung wird dargestellt, dass es einer klare vertragliche Vereinbarung bedarf, die angestrebt wird.
Insgesamt haben die von uns vorgelegten Anträge ein Volumen von ca. € 93 000,--. Für das Volumen des Haushalts eine eher geringere Summe, aber wir wollen hierzu auch einen Deckungsvorschlag machen, den wir Ihnen ebenfalls in einem Antrag vorgestellt haben.
Sparen wir an der Imagewerbung € 100 000,-- ein. Sie werden feststellen, dass es kein Mensch feststellt, dass hier etwas fehlt. Diese Haushaltsstelle ist zu dem eine für mich „klassisch freiwillige“ Leistung. Hier gibt es keine vertragliche Bindung, sondern den Willen zur Ausgabe oder zur Kürzung. Entscheiden Sie sich mit uns für die Kürzung der Imagewerbung
und für Ehrenamt und Jugendhilfe.
Helga Rock
Fraktionssprecherin
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