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Prüfauftrag über die Einrichtung einer Wanderschäferei zur Landschaftspflege in Siegen-Wittgenstein

Sehr geehrter Herr Landrat Müller,

die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen bittet Sie folgenden Antrag in die Tagesordnung Sitzung des Ausschusses für Umwelt-, Land und Forstwirtschaft am 21.09.2020 und des Kreistags am 02.10.2020 aufzunehmen.

Beschlussvorschlag:

1) Der Kreistag beschließt einen Prüfauftrag / eine Machbarkeitsstudie zur Einrichtung ei-ner Wanderschäferei, deren primäre Aufgabe die Landschaftspflege und der Naturschutz ist. Zu prüfende Aspekte sind insbesondere das Flächenpotential; der Nutzen und potentielle Gefährdungsaspekte für die Artenvielfalt und das Landschaftsbild; die Prüfung rechtlicher Fragen und potentieller Konfliktfälle; eine Einschätzung zur Kosten/Nutzen-Bilanz nach Regionalvermarktung und eine Einschätzung zur Kostenersparnis gegenüber anderen Pflegemaßnahmen oder nicht erfolgter Pflege; die Prüfung auf Fördermittel; die Prüfung der Beteiligung möglicher Partner in der Trägerschaft (Beispiele s. Rhein-Sieg-Kreis, Teu-toburger Wald und Märkischer Kreis - hier mit Biologischen Stationen, Naturschutzver-bänden- und Stiftungen) und auch Praxisfragen der Schafhaltung, wie die Sicherung langfristiger Weidepläne, den Personal- und den Materialbedarf für Stallungen, Unterstände und Wolfssicherung.

2) Die Kosten für die Machbarkeitsstudie in Höhe von 20.000 EUR (Richtpreisangebot) werden aus den Ersatzgeldern (Ausgleichszahlungen für Eingriffsmaßnahmen in Natur und Landschaft) finanziert.

Begründung:

Einer der Hauptfaktoren für den Verlust von Artenvielfalt ist die Nutzungsaufgabe von Gren-zertragsflächen und die folgende Sukzession. Die Landschaftspflege über KULAP-Verträge mit der Landwirtschaft ist erfolgreich und wünschenswert, stößt aber insbesondere auf Grenzertragsflächen, in Feuchtbiotopen und Steilhängen an Grenzen der Wirtschaftlichkeit und Arbeitskapazitäten.

Beweidung ist die nachhaltigste, am wenigsten kosten- und arbeitsintensive, für die Bodengesundheit förderlichste und für die Fauna schonendste Form der Landschaftspflege. Eine Wanderschäferei ermöglicht die kostenarme und CO2-neutrale Offenhaltung von Wiesenbiotopen, Brandschneisen, Stromschneisen, Truppenübungsplätzen, Straßenrändern und städtischen Grünflächen.

Die Wanderschäferei hat in Mitteleuropa große Naturräume gestaltet und zur Artenvielfalt beigetragen. Nährstoffarme, extensive Weiden der Kulturlandschaft entsprechen den natürlichen Biotopen von Großwildweiden, den Kiesbänken und Hangrutschungen an Wildflüssen. Eine relative Nährstoffarmut ist eine Grundbedingung für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, so dass Nährstoffaustrag sich zu einem Grundpfeiler der Naturschutzpraxis entwickelt hat. Der durchschlagende Effekt kann im Kreis zum Beispiel im Magergrünland Richstein oder im Elberndorfer Bachtal beobachtet werden.

Daneben ist Sukzession (Verbuschung) einer der großen Faktoren für das Artensterben. Daher ist eine Hauptaufgabe ehrenamtlicher Naturschutzpraxis heute die Pflege von Wiesenbiotopen. Hier könnte eine Wanderschäferei dem realen Bedarf an Landschaftspflege Rechnung tragen und eine verlässliche, langfristige und professionelle Pflege und Vernetzung von Wiesenbiotopen ermöglichen. Eine Beweidung ist auch an Steilhängen möglich, bei denen maschinelle Pflege arbeitsrechtlich unzumutbar ist.Zur Erreichung der Ziele im Sinne des Natur-und Artenschutzes ist es von Bedeutung, dass die Beweidung in Form einer freilaufenden Herde / Wanderschäferei erfolgt. Nur so kann der Nährstoffaustrag gewährleistet werden, der für privatwirtschaftliche Betriebe nicht erstrebenswert ist.

Foto Schafe mit LämmerIn den letzten Jahren haben aber gerade viele Wanderschäfereien Ihre Existenzgrundlage aufgrund veränderter Förderbedingungen verloren. Die aktuell gezahlten Flächenprämien können nur für feste, eigene oder gepachtete Flächen geltend gemacht werden. Weitere Faktoren für den Rückgang der Wanderschäferei waren der Druck der internationalen Konkurrenz, gestiegene Kosten für die Logistik, mehr Aufwand für Bürokratie und ständige Arbeitsbereitschaft. Das alles macht die Landschaftspflege durch eine Wanderschäferei unwirtschaftlich.

Mit einer öffentlich getragenen (oder mitgetragenen) und organisierten Schäferei könnten der Kreis (und ggf. weitere Partner) diese Nachteile und Verluste ausgleichen und so eine Infrastruktur schaffen, die Landschaftspflege auf höchstem Niveau ermöglicht und dazu noch hochwertige Produkte für die Regionalvermarktung erzeugt.

Die so drastisch verbesserte Pflege von Wiesenbiotopen und ihre Vernetzung führt zu einer höheren Artenvielfalt und zudem zu einer für den Tourismus attraktiveren Region im Rahmen des Naturpark Sauerland-Rothaargebirge.

Aus den angeführten Gründen halten wir eine Initiative für eine Wanderschäferei für eine gute und letztlich auch wirtschaftliche Maßnahme, um das Artensterben aufzuhalten und dem auf Landschaftspflege angewiesenen Naturschutz im Kreis eine solide und langfristige Basis zu verleihen. Daher bitten wir um Zustimmung für die vorgeschlagene Machbarkeitsstudie.

Christiane Berlin, Fraktionssprecherin
Anke Hoppe-Hoffmann, Fraktionsgeschäftsführerin

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