BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

KT-Fraktion Siegen-Wittgenstein

Medizinische Versorgung in Gaza

Antrag zur Sitzung des Kreisausschuss und des Kreistages am 10.10.2025

ANTRAG

Hier geht es zur ► Pressemitteilung.



Kreuztal, 15. August 2025

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemäß §2 Abs. 1 GO KT zum Kreisausschuss und zum Kreistag am 10.10.2025

Medizinische Versorgung in Gaza

Sehr geehrte Herr Landrat Müller,

Beschlussvorschlag

  1. Der Kreistag appelliert an die Landesregierung NRW und die Bundesregierung, die Einreise von kriegsverletzten, behandlungsbedürftigen Kindern aus dem Gaza-Streifen sowie notwendiger Begleitpersonen zu medizinischen Behandlungszwecken zu ermöglichen und die hierfür erforderlichen visa- und aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen unverzüglich zu treffen (u. a. §§ 22, 23 AufenthG; Art. 25 EU-Visakodex).
  2. Der Kreis sagt – in Kooperation mit dem Klinikum Siegen und der DRK-Kinderklinik Siegen – die zeitnahe Aufnahme zur Diagnostik und Erstbehandlung zu. Die weitere fachärztliche Versorgung und Nachsorge werden in Abstimmung mit kreisweit ansässigen Kliniken koordiniert.
  3. Für nicht anderweitig gedeckte Kosten (u. a. Medizin, Pflege, Dolmetschen, psychosoziale Betreuung, Transporte, Unterbringung/Betreuung von Begleitpersonen, Koordinierung) stellt der Kreis einen Höchstbetrag von bis zu 500.000 € bereit. Die Verwaltung prüft die Deckung (Umschichtung oder außerplanmäßige Ausgabe) und wirbt Drittmittel ein; Kreismittel sind subsidiär einzusetzen (Kommunalhaushaltsrecht).
  4. Zuständigkeitsabgrenzung: Der Kreistag stellt klar, dass Auswahl der Patient*innen, Organisation der Ausreise/Flüge sowie die bundesweite Verteilung nicht in die Zuständigkeit des Kreises oder der beteiligten Kliniken fallen. Diese Aufgaben liegen – je nach Verfahren – beim Bund/Land (BMI/AA/Landesinnen- bzw. -fachressorts) und den von diesen beauftragten Organisationen (z. B. UNHCR/IOM/DRK-Strukturen oder andere fachkundige Träger). Der Landrat wird beauftragt, gegenüber Land und Bund die Aufnahme- und Behandlungskapazitäten des Kreises zu melden und die Einbindung, des Kreises in ein staatlich koordiniertes Verfahren, anzubieten.

Begründung
Die medizinische Infrastruktur im Gaza-Streifen ist infolge des Krieges massiv beeinträchtigt; zahlreiche Einrichtungen sind zerstört oder nur eingeschränkt funktionsfähig. Besonders betroffen sind Kinder, die aufgrund ihrer Verletzungen und Traumatisierungen zeitnah eine hochspezialisierte Versorgung benötigen, die vor Ort zurzeit nicht geleistet werden kann. Der Kreis Siegen-Wittgenstein kann, und soll, hierzu einen humanitären Beitrag leisten – allerdings in einem Verfahren, das die Zuständigkeiten klar trennt und die rechtlichen Rahmenbedingungen wahrt.

Der vorliegende Antrag verknüpft Humanität mit Rechtssicherheit: Der Kreis bekennt sich zur Aufnahme, Diagnostik, Erstbehandlung und koordinierten Weiterbehandlung verletzter Kinder vor Ort, sobald die aufenthalts- und visarechtlichen Voraussetzungen geschaffen sind. Zugleich stellt der Kreistag unmissverständlich klar, dass Auswahl der Patient:Innen, Organisation der Ausreise und Flüge sowie die bundesweite Verteilung nicht in die Verantwortung des Kreises oder der beteiligten Kliniken fallen. Diese Schritte sind staatliche Aufgaben und werden durch Bund und Land sowie die von diesen beauftragten Organisationen durchgeführt.

Rechtlich stützt sich das Vorgehen auf bewährte Instrumente: § 22 Aufenthaltsgesetz ermöglicht humanitäre Aufnahmen im Einzelfall; § 23 AufenthG eröffnet Bund und Ländern die Anordnung programmatischer Aufnahmen. Für kurzfristige Einreisen zu medizinischen Behandlungszwecken kann ein Visum nach Art. 25 des EU-Visakodex erteilt werden. Die Entscheidungshoheit über Aufnahme und Visumerteilung liegt damit bei Bund und Land. Kommunen können die Verfahren anregen, Kapazitäten melden und die lokale Umsetzung sicherstellen, sobald die Einreise ermöglicht ist. Ergänzend ist das Kindeswohl als vorrangiger Gesichtspunkt (Art. 3 UN-Kinderrechtskonvention) ebenso zu beachten wie das Recht der Kinder auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit (Art. 24 UN-KRK).

Die Rolle des Kreises beginnt mit der Ankunft: Das Klinikum Siegen übernimmt die Erstaufnahme und Erstbehandlung; je nach Indikation werden die DRK-Kinderklinik Siegen und weitere Fachkliniken im Kreis eingebunden. Verwaltungsseitig werden Ausländer-, Jugend- und Gesundheitsamt sowie geeignete psychosoziale Dienste koordiniert; Dolmetsch-Leistungen und die notwendige Begleitung minderjähriger Patient:Innen werden organisatorisch abgesichert. Eine behördliche Koordinierungsstelle stellt die Fallsteuerung, Schnittstellenarbeit und Dokumentation sicher.

Zur finanziellen Absicherung richtet der Kreis einen auf bis zu 500.000 € gedeckelten Rahmen für nicht anderweitig gedeckte Kosten ein (insbesondere medizinische Leistungen, Pflege, Dolmetschen, psychosoziale Unterstützung, Transporte, Unterbringung/Betreuung von Begleitpersonen, Koordinierung). Die Mittelbereitstellung erfolgt nach Maßgabe des Kommunalhaushaltsrechts, insbesondere § 53 KrO NRW i. V. m. § 83 GO NRW und §21 Abs. 2 Satz 3 KomHVO NRW (außer-/überplanmäßige Ausgaben bei Unabweisbarkeit). Drittmittel (Stiftungen, Spenden, Förderprogramme) sind vorrangig einzuwerben, das bedeutet, die Kreismittel greifen subsidiär.

Schließlich wird die Verwaltung beauftragt, die Behandlungs- und Betreuungskapazitäten des Kreises gegenüber Land und Bund zu melden, die Einbindung in ein staatlich koordiniertes Aufnahme-/Visaverfahren abzustimmen und die Öffentlichkeit transparent über Aufgabenverteilung und Grenzen kommunaler Zuständigkeit zu informieren. So verbindet der Kreis konkrete Hilfe für besonders schutzbedürftige Kinder mit einem rechtssicheren, verantwortbaren Vorgehen.



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